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Freiwillige vs. professionelle Fernassistenz: Was Nutzer:innen wirklich brauchen

Seit Jahren nutzen blinde und sehbehinderte Menschen visuelle Assistenzdienste, um sich im Alltag unterstützen zu lassen – sei es beim Finden des richtigen Knopfes an der Kaffeemaschine, beim Sortieren von Unterlagen oder der Frage, ob das Shirt wirklich dunkelblau oder doch ein gewagtes Lila ist. Dienste wie Be My Eyes haben eine beeindruckende Community geschaffen: Millionen von Freiwilligen stehen bereit, um durch Videoanrufe visuelle Informationen zu vermitteln. Die vielen positiven Bewertungen zeigen, wie wertvoll dieses Angebot für viele Menschen ist. Doch selbst die beste Idee kann noch besser werden – und genau hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen. 

Was ist visuelle Fernassistenz und für wen ist sie geeignet?

Visuelle Fernassistenz ist eine digitale Unterstützung, die in erster Linie für blinde und sehbehinderte Menschen konzipiert wurde. Allerdings profitieren auch andere Gruppen davon, beispielsweise Menschen mit Lernschwierigkeiten oder kognitiven Einschränkungen, die visuelle Unterstützung bei der Navigation, beim Lesen oder bei technischen Fragestellungen benötigen. Sie ermöglicht es, per Videoanruf visuelle Informationen von sehenden Helfer:innen zu erhalten. Ob das Lesen eines Dokuments, das Erkennen von Farben oder das Navigieren in einer unbekannten Umgebung – Assistenzdienste erleichtern den Alltag erheblich. 

Während es freiwillige Unterstützungsmodelle gibt, wie z. B. Be My Eyes, die sich hauptsächlich an blinde und sehbehinderte Menschen richten, gibt es auch professionelle Dienste, die gezielt darauf ausgelegt sind, eine breitere Zielgruppe zu unterstützen – darunter Menschen mit Lernschwierigkeiten oder anderen Einschränkungen, die visuelle Assistenz benötigen. Professionelle Assistenzdienste bieten nicht nur verlässliche Erreichbarkeit, sondern auch spezialisierte Assistenzkräfte mit gezieltem Training für verschiedene Anforderungen. 

Erfahrungen mit Be My Eyes – was sagen Nutzer:innen?

Um die Nutzerperspektive besser darzustellen, haben wir eine Vielzahl an App-Store-Bewertungen analysiert. Einige Nutzer:innen loben die einfache Nutzung und schnelle Erreichbarkeit von Helfer:innen: 

„Be My Eyes hat mir schon oft geholfen, kleine Alltagsprobleme zu lösen. Die Freiwilligen sind meistens sehr freundlich und hilfsbereit.“ 

Andere wiederum berichten über Frustration, wenn die Unterstützung nicht den Erwartungen entspricht: 

„Es ist enttäuschend, wenn ein Helfer den Anruf annimmt und dann doch nicht weiß, wie er mir helfen kann.“ 

Diese Erfahrungen zeigen, dass die Qualität der Assistenz stark variieren kann. 

Unsere Analyse zeigt, dass viele Nutzer:innen Be My Eyes als nützlich empfinden, doch es gibt auch wiederkehrende Kritikpunkte. Neben unklaren oder wenig hilfreichen Beschreibungen gibt es Berichte über Helfer:innen, die sich scheinbar mehr für ihr eigenes gutes Gefühl engagieren, als für die eigentliche Unterstützung. Einige blinde und sehbehinderte Nutzer:innen berichten davon, dass Freiwillige zu schnell handeln, Anrufe annehmen, aber dann nicht wirklich helfen oder die Situation nicht ernst nehmen. In Einzelfällen gab es Beschwerden darüber, dass Helfer:innen zu sehr ihren eigenen „Retter-Moment“ suchten, anstatt sich auf die Bedürfnisse der blinden Person zu konzentrieren. 

Besonders problematisch wird dies, wenn es um kritische Aufgaben wie das Unterscheiden von Medikamenten, das Lesen vertraulicher Dokumente oder das Navigieren in unbekannten Umgebungen geht. In solchen Fällen können unsichere oder unaufmerksame Helfer:innen nicht nur eine schlechte Assistenz bieten, sondern auch Fehler verursachen, die zu Missverständnissen oder Unsicherheiten führen. 

Unsere Analyse von 6.628 Bewertungen aus App-Stores (Apple & Android) zeigt, dass 82 % der Bewertungen positiv sind. Nutzer:innen schätzen insbesondere die schnelle Erreichbarkeit von Helfer:innen, die kostenlose und einfache Nutzung, die große Community an Freiwilligen und dass es hilfreich ist für spontane Anfragen.

Gleichzeitig gibt es 18 % kritische Bewertungen, in denen Nutzer:innen Herausforderungen schildern, wie Beispiel unklare oder schlechte Beschreibungen durch ungeschulte Freiwillige, Auch sind nicht immer Helfer:innen verfügbar, der Datenschutz ist fraglich und oftmals gibt es keine spezialisierte technische Unterstützung.

Viele Nutzer:innen berichten, dass die Qualität der Beschreibungen stark variiert. Manche Helfer:innen sind präzise und beschreiben genau, was zu sehen ist – andere hingegen sind unsicher, undeutlich oder verlieren sich in unnötigen Details. Besonders in sensiblen Situationen, wie beim Sortieren von Dokumenten oder bei der Orientierung an unbekannten Orten, kann das problematisch sein. 

Erfahrungsberichte über professionelle Assistenzdienste wie Aira lesen. 

Warum ist professionelle Fernassistenz besser als freiwillige Hilfe?

Viele der Herausforderungen, die in den Bewertungen geschildert werden, sind darauf zurückzuführen, dass Freiwillige nicht speziell geschult sind. Hier setzt professionelle Fernassistenz an und löst Probleme wie unklare Beschreibungen oder unzuverlässige Erreichbarkeit. Während freiwillige Helfer:innen oft von unterwegs aus assistieren, arbeiten professionelle Fernassistenzen in einer ruhigen, technisch gut ausgestatteten Umgebung mit stabiler Verbindung, Headset und mehreren Bildschirmen, um schnell und präzise unterstützen zu können. 

Ein professioneller Dienst kann genau dort ansetzen, wo freiwillige Unterstützung an ihre Grenzen stößt: 

Verlässliche Erreichbarkeit – Keine zufällige Verfügbarkeit, sondern garantierte Assistenzzeiten. 

Geschulte Assistenzkräfte – Präzise Beschreibungen, professionelles Verhalten und besseres Verständnis für die Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen. 

Technische Unterstützung – Assistenz auch bei Softwareproblemen, Online-Navigation oder komplexen Aufgaben. 

Sichere und geschützte Umgebung – Datenschutzrichtlinien und ein sicheres System für Anrufe. 

Individuelle Anpassung der Assistenz – Möglichkeit, mit denselben Assistenzkräften zu arbeiten. 

Einer der größten Vorteile professioneller Assistenz ist die konsistente Qualität. Während Freiwillige oft untrainiert sind und nur gelegentlich assistieren, sind professionelle Fernassistenzen speziell geschult. Sie arbeiten in einer ruhigen Umgebung mit zwei Bildschirmen, Headsets und stabiler Internetverbindung, sodass sie effizient unterstützen können. 

Erste Pilotprojekte, wie sie TOWER Fernassistenz testet, zeigen bereits vielversprechende Ansätze in genau diesen Bereichen. 

KI-Assistenz vs. menschliche Assistenz

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und kann bereits in bestimmten Bereichen als Assistenz dienen. Doch kann KI tatsächlich eine menschliche Fernassistenz ersetzen? 

Unser Kollege René Wegener hat in seinem Testbericht untersucht, wie gut KI-gestützte Assistenzmodelle bereits funktionieren. Der Test zeigt, dass Modelle wie Google Gemini zwar beeindruckende Fähigkeiten haben, aber noch erhebliche Schwächen aufweisen: 

KI kann Texte erkennen und vorlesen, hat aber Schwierigkeiten bei komplexen visuellen Aufgaben wie dem korrekten Interpretieren von Zahlen oder Symbolen.

Sie kann Grundlagen der Navigation beschreiben, doch Begriffe wie „nach links drehen“ oder „im Uhrzeigersinn“ führen oft zu Missverständnissen. 

KI reagiert nicht flexibel auf Probleme, sondern gibt oft falsche oder ungenaue Anweisungen, ohne sie selbstständig zu korrigieren. 

Während KI-gestützte Systeme also eine wertvolle Ergänzung sein können, ersetzen sie aktuell keine professionelle Fernassistenz durch geschulte menschliche Helfer:innen. Besonders in dynamischen Situationen, in denen schnelles und situationsgerechtes Handeln gefragt ist, bleibt der Mensch unersetzlich. Mehr Details dazu findest du im Testbericht zur KI-Assistenz. 

Ausblick

Für Nutzer:innen, die auf visuelle Fernassistenz angewiesen sind, stellt sich die Frage: Welcher Dienst bietet die beste Unterstützung? Es gibt einige Kriterien, die bei der Wahl eines Assistenzdienstes wichtig sind: 

Verfügbarkeit: Kann ich die Assistenz jederzeit erreichen? 

Qualität der Unterstützung: Werden meine Anliegen klar und präzise beantwortet? 

Datenschutz: Ist mein Anruf sicher und anonym?

Diese Punkte sollten Entscheidungsträger:innen in der Branche berücksichtigen, um Assistenzdienste weiterzuentwickeln. Ein Blick auf Pilotprojekte wie TOWER Fernassistenz zeigt, dass professionell geschulte Assistenzen einen entscheidenden Unterschied machen können. Wer auf zuverlässige visuelle Assistenz angewiesen ist, sollte daher nicht nur auf Verfügbarkeit, sondern auch auf Qualität setzen. 

Die Bewertungen zeigen, dass visuelle Assistenz eine wertvolle Unterstützung im Alltag blinder und sehbehinderter Menschen ist – aber auch klare Verbesserungsmöglichkeiten hat. Während freiwillige Helfer:innen eine schnelle und unkomplizierte Lösung für viele alltägliche Fragen bieten können, zeigen die Erfahrungsberichte, dass es oft an Verlässlichkeit, Konsistenz und professionellen Fähigkeiten mangelt. Besonders bei wichtigen oder sensiblen Aufgaben kann es riskant sein, sich auf ungeschulte Unterstützung zu verlassen. 

Ein zukunftsfähiges Modell der visuellen Fernassistenz muss daher auf strukturierte, geschulte und verlässliche Assistenzkräfte setzen. Ein professioneller Dienst kann gewährleisten, dass Nutzer:innen jederzeit gut verständliche, genaue und sichere Unterstützung erhalten – und dabei nicht auf Glück oder Zufall angewiesen sind. 

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